Rhythmus & Wiederholung

Aktivität setzt Ruhephasen voraus, so wie umgekehrt aus Ruhephasen das Bedürfnis nach Bewegung entsteht. Wie beim natürlichen Reflex des Ein- und Ausatmens folgt der Waldorfkindergarten bei seinem täglichen Aktivitätenplan einem festen Rhythmus, der dem Kind einen ausgewogenen Erlebniswechsel bietet.
So ungefähr gestaltet sich der Tagesablauf der Kinder:
Persönliches Begrüßen des Kindes im Kindergarten durch alle ErzieherInnen mit Handgeben und möglichst Blickkontakt.

Einatmen(=E): Malen eines „Guten-Morgen-Bildes“ mit Wachsmalblöckchen ohne Themenvorgabe, so haben die Kinder die Möglichkeit ihre augenblickliche Seelenstimmung auszudrücken. Die Bilder werden chronologisch gesammelt und am Ende des Jahres den Kindern überreicht. Für die ErzieherInnen und Eltern bilden diese Bildermappen eine ergänzende Dokumentation über den Entwicklungsverlauf des Kindes.  

Ausatmen (=A): Freispielzeit: In dieser Zeit sind Angebote wie Mahlen von Getreide, Gemüse schneiden, nähen, sticken, weben, Holzarbeiten usw. integriert. Aufräumzeit, Tischdecken  E: Hygieneritual
A: Fingerspiele und Reigen: Das tägliche Reigenspiel besteht aus an der Jahreszeit orientierten Versen und Liedern, die mit Gesten und Bewegungen unterstützt werden. Durch die tägliche Wiederholung über einen längeren Zeitraum und die Struktur der Reime in Verbindung mit den passenden Gesten finden behinderte Kinder schnell Zugang zu den Inhalten und erleben sie mit allen Sinnen.
E: Gemeinsame Mahlzeit
A: Gartenzeit
E: Künstlerische Angebote (siehe Wochenablauf)
A: Abholzeit
E: Gemeinsames Mittagessen
A: Abholzeit
E: Ruhephase und/oder Freispiel
A: Letzte Abholzeit

Die besondere Bedeutung, die die Waldorfpädagogik dem Rhythmus und der Wiederholung beimisst, zeigt sich jedoch nicht nur im Wechsel von lebendigen und ruhigen Phasen des Kindergartentags. Auch der Wochenablauf ist rhythmisch gegliedert: jedem Wochentag ist eine bestimmte Mahlzeit und eine ganz bestimmte kunsthandwerkliche oder musische Tätigkeit zugeordnet.
Montag:        Kneten mit Bienenwachs
Dienstag:      Puppenspiel oder Märchen
Mittwoch:      Malen mit Aquarellfarben
Donnerstag: Brötchen backen / Eurythmie
Freitag:         Leierspiel (Vorschulkinder) / Wandertag

Den Jahreslauf erleben die Kinder intensiv in der Natur, zum Beispiel beim Spielen im Garten oder bei Ausflügen im nahe gelegenen Wald. Besonders wichtig im Jahreslauf sind die Vorbereitung und das Feiern von traditionell christlichen Festen wie in der Weihnachts- und Osterzeit. Aber auch alte Bräuche wie Michaeli oder das Sonnwendfeuer am Johannitag werden gepflegt. Die Feste werden mit entsprechenden Liedern, Geschichten, Reigen und Puppenspielen gestaltet und intensivieren das Erleben der Jahreszeiten. Diese Regelmäßigkeit im Tages- und Wochenablauf, aber auch das Einbetten in den großen Rhythmus des Jahreslaufs, geben dem Kind emotionale Sicherheit und stärken so sein allgemeines Wohlbefinden.